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#TeamNEUSTART: Lore Hoffer

Im Brotberuf ist Lore (Hannelore steht nur in ihrer Geburtsurkunde) Hoffer Erwachsenenvertreterin. Neben dem Ehrenamt bei NEUSTART nimmt sie sich Zeit, um Kindern als Waldpädagogin den Lebensraum Wald näherzubringen. Respekt!

Bitte stell dich kurz vor. In welcher Region und seit wann engagierst du dich als ehrenamtliche Bewährungshelferin?
Mein Name ist Lore Hoffer, ich bin 53 Jahre alt, verheiratet, Mutter eines Sohnes und Frauchen einer Schäfer/Leonberger-Mischlingshündin (lacht). Seit 2008 bin ich ehrenamtliche Bewährungshelferin in Oberwart. Zuerst bei Trudi Prohaska, seit 2022 bei Kathrin Hetyei.

Warum hast du dich für dieses Ehrenamt entschieden? Was gefällt dir daran am besten?
Weil mich Menschen und deren Beweggründe straffällig zu werden bereits in meiner Jugend interessierten. Ob sich die Tat auf einem emotionalen-, charakterlichen-, psychischen Grund oder einem eventuellen materiellen Vorteil gründet, darauf möglicherweise Antworten zu erhalten, finde ich spannend.

Und was machst du hauptberuflich?
Im Brotberuf bin ich Erwachsenenvertreterin. Davor arbeitete ich beim psychosozialen Dienst. Dort hat mich eine Kollegin auf NEUSTART aufmerksam gemacht.

Wie ergänzen sich dein Ehrenamt und Hauptberuf gegenseitig? Profitiert das eine vielleicht sogar vom anderen?
Ja, das tut es tatsächlich. Ehrenamtliche Klient:innen queren auch hin und wieder mein hauptberufliches Arbeitsfeld, sodass durch die übergreifende Arbeit viele Lebensbereiche eines:r Klienten abgedeckt werden und dadurch auf ein größeres Angebot von Unterstützungsmaßnahmen zurückgegriffen werden kann.

Was sagt dein Umfeld dazu, dass du ehrenamtliche:r Bewährungshelfer:in bist? Welche Rückmeldungen bekommst du, wenn du davon erzählst?
Ehrlich gesagt wissen nur wenige Menschen darüber Bescheid. In ländlichen Breiten erfährt nach wie vor nicht nur der straffällige Mensch Ausgrenzung, sondern auch jene Menschen, die ihn bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft unterstützen.

Wie viele Klient:innen begleitest du derzeit?
Momentan vier, für den Fünften habe ich gerade den Abschlussbericht geschrieben, sodass ich für eine neue Herausforderung wieder bereit bin 😊.

Gibt es Klient:innen-Typen mit denen du besonders gerne und konstruktiv arbeitest? Also liegen dir bestimmte demografische Gruppen oder Delikt-Arten mehr als andere?
Ich arbeite ganz gerne mit älteren Frauen. Mich interessiert, was sie bewegt, eine Tat zu begehen – zum Beispiel Lebensmittel im Supermarkt zu stehlen. Wie kann es so weit kommen, dass Frauen, die vielleicht selbst Mütter sind, so etwas machen? Unter welchem Druck stehen sie, dass sie keinen anderen Ausweg sehen? Aber auch mit ganz jungen Menschen kann ich gut. Wo ich mir aber schon mehrmals „die Zähne ausgebissen“ habe, ist bei Betrugstäter:innen, die rutschen mir irgendwie durch die Finger, da tue ich mir schwer.

Gibt es so etwas wie eine typische Betreuungssituation? Wie laufen die Termine mit deinen Klient:innen ab?
Anfangs so etwas wie eine Aufwärmrunde: Erstmal ankommen, Fragen nach dem persönlichen Befinden und wenn ich das Gefühl habe, die:der Betroffene ist im Hier und Jetzt, dann ersuche ich um eine Zusammenfassung von Ereignissen, die seit unserem letzten Treffen passiert sind. Am Ende des Treffens wird der Termin für unsere nächste persönliche Begegnung festgelegt. Die Gespräche sind locker, aber weder freundschaftlich noch oberlehrer:innenhaft. Ich mache mir gerne Notizen, um bei divergierenden Aussagen das Thema zu einem späteren Zeitpunkt nochmals aufzugreifen. Die Treffen finden fast immer im Freien statt, zum Beispiel im Park oder an anderen öffentlichen Plätzen.

Was sind die größten Herausforderungen in der Arbeit mit Straffälligen?
Für mich persönlich ist es die Gestaltung des Handlungsspielraums. In der Erwachsenenvertretung decke ich einen großen Lebensbereich meiner Klient:innen ab. Im Ehrenamt muss ich mich hier oft an der Nase nehmen, um nicht übers Ziel hinauszuschießen, da meine Klient:innen Dinge wie Anträge auf Wohnbeihilfe, auf GIS-Befreiung etc. auch selbst erledigen können und sollen.

Woran merkst du ganz konkret, dass deine ehrenamtliche Arbeit etwas bewirkt?
Wenn kurze, unterschiedliche Aussagen und Ausmalungen zum selben Thema zu Beginn der Betreuungszeit sich in sehr detaillierte und vor allem nachvollziehbare Darlegungen abändern. Für mich ist das ein Zeichen, dass mir mein Gegenüber mittlerweile so vertraut, dass sie:er mit keiner Verurteilung meinerseits rechnet.

Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job und Ehrenamt? Was machst du in deiner Freizeit?
Jede freie Minute verbringe ich in meinem Garten, auf den Bergen und in den Wäldern – auch gerne alleine. Ich bin Waldpädagogin, Jägerin (vielmehr Hegerin) und habe 2022 eine Imkerausbildung abgeschlossen. Meine Leidenschaft liegt darin, den Kleinsten vom Krippen-Alter an, den Lebensraum WALD (Funktion, Lebewesen, Bäume usw.) spielerisch näherzubringen.

Gibt es sonst noch etwas, das du mit unseren Leser:innen teilen möchtest?
Das Zitat von Seneca und meinem Wunsch, dass unsere Gesellschaft den Worten des Dichters auch Taten folgen lässt: „Die menschliche Gesellschaf gleicht einem Gewölbe, das zusammenstürzten müsste, wenn sich nicht die einzelnen Steine gegenseitig stützen würden.“

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

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