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Wie viele und wenn ja – warum?

Seit September 2021 gibt es nun schon die verpflichtende Gewaltpräventionsberatung nach einem polizeilich verhängten Betretungs- und Annäherungsverbot. Zeit sich anzuschauen was das bedeutet...

Stellen Sie sich eine Beratung vor, die ununterbrochen zehn Jahre lang dauert

Und stellen Sie sich vor, dass alles findet im einem Zeitraum von 20 Monaten statt. Mit etwas Übung sei es möglich, schon vor dem Frühstück an sechs Unmöglichkeiten zu glauben, meint Alice im Wunderland. Aber es reicht auch, einer einfachen Multiplikation und ein paar Divisionen zu folgen.

Seit 1. September 2021 ist NEUSTART in fünf Bundesländern für die Gewaltpräventionsberatung nach Betretungs- und Annäherungsverbot zuständig.

Das sind 20 Monate.
In diesen 20 Monaten wurden mehr als 15.000 Gefährder:innen zu einer verpflichtenden Gewaltpräventionsberatung zu NEUSTART eingeladen.

Jede Gewaltpräventionsberatung hat einen Umfang von sechs Stunden. Das macht in Summe also über 90.000 Stunden Gewaltpräventionsberatung. Ab jetzt wird dividiert: durch 24, dann durch 365 – und das Ergebnis sind mehr als zehn Jahre.

Die Gewaltpräventionsberatung wird finanziert vom Bundesministerium für Inneres und wer sich diese Rechnung ansieht, kann nachvollziehen, dass es eine große Investition in eine Kultur der Gewaltfreiheit ist: Wer schon einmal durch Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit aufgefallen ist und nach einem Polizeieinsatz die Wohnung verlassen musste, ist verpflichtet, sich mit dem Thema der Gewaltlosigkeit auseinander zu setzen. Denn ein Betretungs- und Annäherungsverbot wird von der Polizei dann verhängt, wenn anzunehmen ist, dass eine Person einen gefährlichen Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit begehen werde.

Die Themen der Gewaltpräventionsberatung liegen auf der Hand: Es geht darum, ein Problembewusstsein zu schaffen – denn Gewalt kann nie gerechtfertigt sein. Die Verantwortung liegt auch immer und unmissverständlich bei der:demjenigen, der:die Gewalt einsetzt. Und es gibt immer Handlungsalternativen. Denn Gewalt schafft eine Unmenge an Problemen und löst kein einziges.

Nicht immer reichen sechs Stunden Gewaltpräventionsberatung aus, um Handlungsmuster und Überzeugungen zu verändern. Dann gilt es, die Motivation zu stärken, sich freiwillig und nachhaltig mit dem Thema der Gewaltfreiheit auseinander zu setzen. Etwa in einem Anti-Gewalt-Training oder in einer Psychotherapie.

Und wer große Schwierigkeiten hat, auf Gewalt vollkommen zu verzichten und die Motivation nicht finden kann, sich freiwillig mit dem Thema ernsthaft auseinander zu setzen, der bekomm bei NEUSTART eine zweite Chance: In der Bewährungshilfe etwa können wir auch drei Jahre lang auf diesem Weg begleiten. Aber das ist eine ganz andere Rechnung.

Über die/den Autor:in

In der Leitung Sozialarbeit zuständig für den Themenkomplex häusliche Gewalt, die Gewaltpräventionsberatung, den elektronisch überwachten Hausarrest, die Prozessbegleitung und den Saftladen.

Nebenberuflich Lektorin an der Sigmund-Freud-Universität und Trainerin, unter anderem in der Fortbildung zur juristischen Prozessbegleitung.
Vor NEUSTART wissenschaftlich und im Opferschutz tätig.

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