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#TeamNEUSTART: Gerhard Hauser

Gerhard Hauser blickt auf 20 Jahre als Ehrenamtlicher bei NEUSTART zurück. Hauptberuflich ist er Sozialarbeiter in der Wohnungslosenhilfe. Mitunter überschneiden sich die Problemlagen seiner haupt- und ehrenamtlich betreuten Klient:innen …

Bitte stell dich kurz vor. In welcher Region und seit wann engagierst du dich als ehrenamtlicher Bewährungshelfer?
Mein Name ist Gerhard Hauser, ich bin 53 Jahre alt, diplomierter Sozialarbeiter und jetzt seit knapp 20 Jahren als ehrenamtlicher Bewährungshelfer in Niederösterreich tätig.

Warum hast du dich für dieses Ehrenamt entschieden? Was gefällt dir daran am besten?
Damals wollte ich, neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit in der Wohnungslosenhilfe, auch in andere Organisationen reinschnuppern. Da die Klient:innen mit ihren Problemlagen in meinem Job und bei NEUSTART oft deckungsgleich waren, konnte ich schon etwas Erfahrung mitbringen. Mir gefällt am Ehrenamt, dass man bei den Klient:innen durch Beziehungsaufbau, Unterstützung, Betreuung und Begleitung sehr positiv wirken kann. Das setzt natürlich gegenseitiges Vertrauen und ein Begegnen auf Augenhöhe voraus.

Und was machst du hauptberuflich?
Ich bin seit über 20 Jahren in verschiedenen Organisationen in der Wohnungslosenhilfe tätig.

Wie ergänzen sich dein Ehrenamt und Hauptberuf gegenseitig? Profitiert das eine vielleicht sogar vom anderen?
Durch meine Tätigkeit im Wohnungslosenbereich – was auch bei vielen Bewährungshilfe Klient:innen oft Thema ist, ich sage nur: prekäre Wohnsituationen, verdeckte Obdachlosigkeit, drohender Wohnungsverlust, … – habe ich viele Ressourcen, Möglichkeiten und Wissen, das ich an meine Klient:innen weitergeben kann.

Was sagt dein Umfeld dazu, dass du ehrenamtlicher Bewährungshelfer bist? Welche Rückmeldungen bekommst du, wenn du davon erzählst?
Viele Bekannte und Freund:innen von mir arbeiten auch im Sozialbereich und finden dabei nichts Befremdliches oder Unnormales. Von Außenstehenden gibt es aber schon oft Rückmeldungen, ob das nicht schwierig oder gefährlich ist.

Wie viele Klient:innen begleitest du derzeit?
Zurzeit vier, meistens aber fünf.

Gibt es Klient:innen-Typen mit denen du besonders gerne und konstruktiv arbeitest? Also liegen dir bestimmte demografische Gruppen oder Delikt-Arten mehr als andere?
Mir macht die Arbeit mit Suchtklient:innen immer wieder Freude. Meist gehts dabei zwar nur um die Bewahrung und Aufrechterhaltung der Grundversorgung beziehungsweise die Erfüllung von Grundbedürfnissen – wie Wohnen, Essen und Einkommen – aber dieser Klient:innenkreis ist oft sehr einfühlsam, ehrlich, liebenswert und dankbar für die Begleitung und Unterstützung durch NEUSTART. In den letzten 20 Jahre habe ich in der Bewährungshilfe viele verschiede Menschen mit den verschiedensten Delikten betreut. Die bunte Abwechslung macht das Ehrenamt auch nach vielen Jahren immer noch interessant. Sexualstraftäter:innen waren nie auf meiner Liste, allerdings sollten diese auch wirklich von Hauptamtlichen betreut werden…

Gibt es so etwas wie eine typische Betreuungssituation? Wie laufen die Termine mit deinen Klient:innen ab?
Die Termine mit den Klient:innen finden an den verschiedensten Orten statt. Meist versuche ich, die Klient:innen dort zu treffen, wo es für sie am besten ist, beziehungsweise wo sie sich wohl fühlen: Das kann ein Hausbesuch sein, ein Lokalbesuch, im Freien… oder eben, falls wieder einmal was „daneben geht“, bei der Polizei zur Vernehmung oder als Begleitung zu einer neuerlichen Gerichtsverhandlung.

Was sind die größten Herausforderungen in der Arbeit mit Straffälligen?
Es ist oft schwierig, den Spagat zwischen den Bedürfnissen und Rechten der Klient:innen und Organisationen, wie Ämtern und Behörden, zu finden. Straffällige haben keine Lobby, deshalb ist es nicht einfach, etwas für sie „herauszuholen“.

Woran merkst du ganz konkret, dass deine ehrenamtliche Arbeit etwas bewirkt?
Wenn ich eine:n Klient:in nach dem Ende der Betreuungszeit positiv abschließen kann. Manchmal kommt es sogar zu einem vorzeitigen Abschluss, wenn sich im Leben von Klient:innen alles in die richtige Richtung entwickelt. Immer wieder schön ist, wenn ich ehemalige Klient:innen nach vielen Jahren wieder treffe und sie mir freudestrahlend über Gelungenes berichten.

Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job und Ehrenamt? Was machst du in deiner Freizeit?
Auf ausgedehnten Reisen, beim Wandern und Paragleiten. Außerdem habe ich vor zwei Jahren ein halbes Jahr Sabbatical gemacht und Asien und Afrika bereist. In knapp vier Jahren möchte ich das wieder machen. Dieses Mal für ein ganzes Jahr. Berufspausen schaffen einen Ausgleich und helfen beim Perspektivenwechsel.

Gibt es sonst noch etwas, das du mit unseren Leser:innen teilen möchtest?
Durch 20-jähriges Beobachten fällt mir auf, dass die Belastung und das Arbeitspensum der hauptamtlichen Kolleg:innen, auch durch die vielen Tätigkeitsfelder von NEUSTART, enorm gestiegen sind. Ich bewundere die Mitarbeiter:innen für ihr Engagement und ihren Einsatz und wünsche mir ein wohlwollendes und sorgsames Auge der Geschäftsführung auf ihr wichtigstes Kapital – die Mitarbeiter:innen.

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

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