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V-Day

Der Valentinstag steht oft für romantische Liebe, Schokolade, schwülstige Liebesschwüre und Schnittblumen. Der 14. Februar wird international aber auch als V-Day begangen und steht für die Bewegung „One Billion Rising“. Vor allem mit Tanz-Kundgebungen wird die Solidarität mit Frauen ausgedrückt, die sich aus Gewalt und Unterdrückung befreien. Als Musik dafür steht (Gema-frei) Break the chain.

Besitzdenken und Liebe haben nicht wirklich etwas gemeinsam

Sie werden aber traditionell immer wieder miteinander verwechselt oder zumindest miteinander in Verbindung gebracht. Während meines „Gerichtsjahres“ wollte ein Mann eine Besitzstörungsklage gegen den Liebhaber seiner Ehefrau einbringen.

Er war vollkommen überzeugt davon, dass dieser ihn in seinem ruhigen Besitz an seiner Frau gestört habe und der rechtmäßige Zustand durch eine gerichtliche Klage wieder hergestellt werden könne. Ähnlich etwa wie bei der Problemlage, wenn der eigene Parkplatz rechtswidrig zugeparkt wird.

Bindungsverhalten ist auch Gegenstand der Forschung

Bindungserfahrungen, die in der frühen Kindheit und Jugend gemacht werden, spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie werden zu „inneren Arbeitsmodellen“ (Bowlby 1969). Als befriedigend werden von Partner:innen die Beziehungen erlebt, die von einem positiven Fremd- und Selbstbild geprägt sind und in denen die Partner:innen sowohl Nähe als auch Autonomie genießen können. Und am sichersten sind nach Godenzi, einem der bekannteste Gewaltforscher, die Beziehungen, aus denen mensch sich jederzeit verabschieden kann – ohne Angst um die eigene Existenz.

Im Sinne des V-Days gilt es also, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Betroffenen ermöglichen, sich aus Beziehungen zu befreien, in denen sie sich nicht (mehr) sicher und wohl fühlen. Dazu braucht es Opferschutzeinrichtungen wie Frauenhäuser, Gewaltschutzzentren und Frauenberatungsstellen. Es braucht leistbares Wohnen und Kinderbetreuungseinrichtungen, die es zulassen, den Lebensunterhalt zu verdienen und Selbstverwirklichung und Weiterentwicklung im Beruf zu finden. Für Kinder braucht es sichere Bindungserfahrungen inner- und außerhalb der Familie für tragfähige Arbeitsmodelle im Erwachsenenleben.

Gesamtgesellschaftlich braucht es eine Auseinandersetzung mit Beziehung und Liebe abseits von Romantik. Dazu gehört etwa eine Kultur der Gewaltfreiheit zu der auch NEUSTART mit der Gewaltpräventionsberatung beträgt. Wer von Partner:innen als bedrohlich und gefährlich erlebt wird und gegen wen deswegen von der Polizei ein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt worden ist, der:die ist verpflichtet, sich mit der eigenen Gewalttätigkeit oder Gewaltbereitschaft auseinander zu setzen.

Bei Bedarf wird in der Beratung etwa die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg geübt. In der Kurzformel:
„Wenn ich a sehe, dann fühle ich b, weil ich c brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne d.“
a … Beobachtung; b … Gefühl; c … Bedürfnis; d … Bitte

Zum Beispiel: Wenn ich (a) Break the chain höre (b) habe ich Lust zu tanzen. (c) Am liebsten möchte ich das mit Dir tun. (d) Komm, tanz mit mir!
In diesem Sinne: Einen gelungenen V-Day!

Über die/den Autor:in

In der Leitung Sozialarbeit zuständig für den Themenkomplex häusliche Gewalt, die Gewaltpräventionsberatung, den elektronisch überwachten Hausarrest, die Prozessbegleitung und den Saftladen.

Nebenberuflich Lektorin an der Sigmund-Freud-Universität und Trainerin, unter anderem in der Fortbildung zur juristischen Prozessbegleitung.
Vor NEUSTART wissenschaftlich und im Opferschutz tätig.

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