Ehrensache Ehrenamt: Wer tut sich das überhaupt an?

Unser Verein wurde 1957 von Ehrenamtlichen gegründet. Das Ehrenamt war damit von Anfang an – und ist es bis heute – ein Grundpfeiler unserer Arbeit. Doch wer sind diese Ehrenmenschen, die ihre wertvolle Freizeit nutzen, um straffällig gewordenen Menschen zu helfen und warum ist es überhaupt wichtig, dass Mitglieder der Zivilgesellschaft justiznahe Sozialarbeit mitgestalten?

Auf den ersten Blick haben Menschen wie Nina, Peter, Eva-Maria und hunderte Andere nur wenig gemeinsam, doch das täuscht. Sie alle arbeiten ehrenamtlich bei NEUSTART mit. Von der Bildungsberaterin bis hin zum Berufsmusiker: Rund 1.000 aktive und pensionierte Pädagog:innen, Psychoterapeut:innen, Jurist:innen, und, und, und begleiten in ihrer Freizeit straffällig gewordene Menschen auf ihrem Weg in eine Zukunft ohne Kriminalität.

„Durch meine therapeutische Ausbildung kann ich meine Klient:innen ganzheitlicher begleiten und sie in ihrer persönlichen Entwicklung noch gezielter unterstützen.“

Annika Blutsch, Ehrenamtliche NEUSTART Niederösterreich und Burgenland

„Ich wollte eigentlich immer Soziale Arbeit studieren, es wurde dann aber doch Jus. Ich bin seit vielen Jahren im Bereich Strafrecht an der Uni tätig, liebe es aber auch mit Menschen zu arbeiten, deshalb ist das Ehrenamt die perfekte Ergänzung für mich.“

Nina Kaiser, Ehrenamtliche NEUSTART Steiermark

„Mein Interesse an meinen Schüler:innen geht weit über die schulischen Belange hinaus, oft brauchen sie generell Unterstützung und Wegbegleitung bei ihrer Lebensgestaltung. So war der Weg ins Ehrenamt also nicht mehr weit.“

Elisabeth Saller, Ehrenamtliche NEUSTART Salzburg

Sie haben mehr gemeinsam als man denkt

Auch wenn die Motive für das ehrenamtliche Engagement bei NEUSTART so unterschiedlich sind wie die Ehrenamtlichen selbst, habe ich in den zahlreichen Gesprächen, die ich in den vergangenen Jahren für unsere Serie #TeamNEUSTART führen durfte, festgestellt, dass unsere Ehrenamtlichen weit mehr verbindet, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Allem voran glauben sie an zweite – und manchmal auch dritte – Chancen, arbeiten gerne mit Menschen und nehmen diese Tätigkeit als sinnstiftend wahr. Bei vielen gibt es einen Synergieeffekt zum Hauptberuf. Gleichzeitig höre ich oft, dass sie auch selbst stark vom Ehrenamt profitieren und sich dadurch persönlich weiterentwickeln. Sie schätzen die Rahmenbedingungen, die NEUSTART den Ehrenamtlichen bietet, die Einbettung in und Unterstützung durch unsere Teamstrukturen und unser Angebot zur Aus- und Weiterbildung. Auch ein gewisses Verantwortungsgefühl und ein „der Gesellschaft etwas zurückgeben Wollen“ spielen für viele eine Rolle.

„Es ist mein sozialer Beitrag an die Gesellschaft. Mir gefallen die Herausforderung, straffällig gewordenen Mitmenschen eine Hilfe anbieten zu können, die Kurse, Workshops und Fachtagungen. Das Ehrenamt ist eine Bereicherung, auch für mich und mein Leben.“

Christine Dobler, Ehrenamtliche NEUSTART Vorarlberg

„Auch die Klient:innen von NEUSTART sind Teil unserer Gesellschaft (…) daher sehe ich eine Verpflichtung, auch an die ,Ränder‘ der Gesellschaft zu blicken und allen Menschen die Möglichkeit zu schaffen, in die Mitte der Gesellschaft zurückkehren zu können.“

Klaus Bergmaier, Ehrenamtlicher NEUSTART Niederösterreich und Burgenland

„Warum tust du dir das überhaupt an?“

Mit ihrem Engagement stoßen ehrenamtliche Bewährungshelfer:innen auf die unterschiedlichsten Reaktionen und manchmal auch Vorurteile ihres Umfelds. Von Begeisterung, Lob, aufrichtigem Interesse und Respekt über Dankbarkeit bis hin zu Unverständnis und Sorgen. Wobei letztere, laut den Erfahrungen der Ehrenamtlichen, mit einem wertschätzenden Gespräch fast immer schnell aus der Welt geräumt sind.

„Viele finden es sehr gut und respektieren diese Arbeit sehr, wissen aber nicht, dass man Bewährungshilfe auch ehrenamtlich machen kann.“

Katrin Palombo, Ehrenamtliche NEUSTART Tirol

„Privat rede ich nicht viel über meine Arbeit als Bewährungshelfer, da mir die Verschwiegenheit sehr wichtig ist. Wenn jemand mitbekommt, dass ich bei NEUSTART bin, löst das meistens eine gewisse Neugierde, aber auch Bewunderung aus.“

Rudolf Perhab, Ehrenamtlicher NEUSTART Oberösterreich

Multiplikator:innen in der Zivilgesellschaft

Es ist vorgesehen, dass ein Drittel unserer Klient:innen in der Bewährungshilfe von Ehrenamtlichen betreut wird. Das soll auch so bleiben. Für uns ist es sehr wichtig, wenn Mitglieder der Zivilgesellschaft aktiv im Justizbereich arbeiten. Wir gewinnen dadurch Menschen mit verschiedenen beruflichen und persönlichen Hintergründen, Menschen mit unterschiedlichen Lebensgeschichten und Erfahrungsschätzen, die Bewährungshilfe aktiv mitgestalten und mit ihrem Umfeld über diese Tätigkeit sprechen. Damit wirken sie mit, die Stigmatisierung von Randgruppen in ihrer Region und unserer Gesellschaft insgesamt zu verringern.

„Von Anerkennung, Lob und Bewunderung bis hin zu Skepsis, Sicherheitsbedenken und klarer Ablehnung ist mir bisher – je nach sozialer Bubble – schon einiges an interessantem Feedback zu Ohren gekommen (…) Deswegen sehe ich meine Aufgabe als ehrenamtlicher Bewährungshelfer nicht nur in der Betreuung meiner Klient:innen, sondern auch darin, in meinem unmittelbaren Umfeld sowie in der Öffentlichkeit Awareness zu schaffen und auf gesellschaftliche Risikofaktoren für delinquentes Verhalten aufmerksam zu machen.“

Markus Zauner, Ehrenamtlicher NEUSTART Wien

Vom Bodensee bis in den Seewinkel

Durch unser Netzwerk an Ehrenamtlichen, das sich vom abgelegensten Tal in Vorarlberg bis ins östlichste Burgenland und vom Böhmerwald bis an den Brenner erstreckt, ist sichergestellt, dass Klient:innen österreichweit die Begleitung bekommen, die sie brauchen, um wieder Fuß fassen zu können. So wie Straffällige aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten kommen, tun das auch unsere Ehrenamtlichen. Ihre Klient:innen profitieren von ihren Netzwerken auf eine Art und Weise, die in einer ausschließlich hauptamtlich organisierten Bewährungshilfe so nicht möglich wäre. Sie kennen regionale Arbeits- und Wohnungsmärkte, die richtigen Ansprechpersonen und soziale Einrichtungen vor Ort, weil Sie selbst Teil ihrer lokalen Gemeinschaft sind. Sie erschließen damit direkt in der Region wertvolle Angebote und Ressourcen für ihre Klient:innen.

„Ich profitiere noch immer von den Kontakten und meinem Netzwerk, das ich mir im Hauptberuf aufbauen konnte. Ich habe für fast jedes Problem noch eine Ansprechperson aus meiner hauptberuflichen Zeit. Mein erlerntes Wissen, der Umgang mit den Klient:innen und die Erfahrung in sozialversicherungsrechtlichen Belangen, vor allem rund um das Rehageld, sind sehr hilfreich in der Beratung von Klient:innen.“

Karoline Agrinz, Ehrenamtliche NEUSTART Kärnten

Interesse?

Wer sich selbst für ein Ehrenamt bei NEUSTART interessiert, findet hier die Voraussetzungen dafür.

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

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