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Ehrensache Bewährungshilfe

Österreich ist ein Land der Freiwilligen. Kaum bekannt ist, dass sich bundesweit rund 1.000 Menschen als ehrenamtliche Bewährungshelfer:innen engagieren.

Zufälle gibt es immer.

Für Margit Jelenko gibt es Zufälle, über die sie sich besonders freut. Nämlich dann, wenn die ehrenamtliche Bewährungshelferin ehemaligen Klient:innen auf der Straße begegnet und merkt, dass es ihnen gut geht. „Ich sehe, da sind Dinge gelungen“, sagt Margit. „Die Wohnung des Klienten oder der Klientin ist noch da, der Job ist noch da, die Kinder sind gut versorgt. Es gibt viele schöne Momente. Deshalb bin ich auch ehrenamtlich tätig.“

Margit Jelenko ist in guter Gesellschaft. 3,4 Millionen Menschen in Österreich engagieren sich freiwillig – bei Blaulichtorganisationen, in Kultur- und Sportvereinen oder bei sozialen Organisationen. Wenig bekannt ist, dass es auch in der justiznahen Sozialarbeit ehrenamtliches Engagement gibt. Rund 1.000 Frauen und Männer in ganz Österreich arbeiten ehrenamtlich in der Bewährungshilfe bei NEUSTART.

60 Prozent von ihnen sind weiblich. Anderen helfen zu wollen und einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten – das sind die Hauptmotive für freiwilliges Engagement. Diese Einstellung würdigt auch die Justizministerin. „Ehrenamtliche Tätigkeit in der Bewährungshilfe und in der Opferbetreuung ist Teil des solidarischen Zusammenhalts und der demokratischen Grundhaltung in der Gesellschaft“, sagte Alma Zadić anlässlich des Welttags des Ehrenamts.

Anerkennung und Wertschätzung verdienen sich Ehrenamtliche mit ihrem Engagement.

Fragt man jedoch Margit Jelenkos ehrenamtliche Kollegin Lucy Stüber, was ihr die meiste Freude an der Arbeit macht, sagt sie ohne lange nachzudenken: „Der persönliche Kontakt mit den Klientinnen und Klienten und die Zusammenarbeit.“ Ganz ähnlich auch die Antwort von Fatih Öztürk, ebenfalls ehrenamtlicher Bewährungshelfer und im Brotberuf Jurist. „Das friedliche Miteinander und die vertrauensvolle Beziehung sind mir ein Anliegen“, sagt er.

Deliktverarbeitung und Unterstützung im Alltag

Zivilgesellschaftliches Engagement hat für NEUSTART einen hohen Stellenwert und eine besondere Tradition. Bereits im Jahr 1957 haben engagierte Bürger:innen aus der Zivilgesellschaft straffällig gewordene Jugendliche betreut. Sie haben damit den Grundstein des heutigen Vereins gelegt. Knapp jede:r dritte Klient:in in der Bewährungshilfe wird heute von Ehrenamtlichen betreut.

Die Arbeit mit straffällig gewordenen Menschen ist sehr vielfältig. Es findet eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Delikt statt und es geht um ganz konkrete Unterstützung der Klient:innen – zum Beispiel bei der Suche nach einer Wohnung oder bei Bewerbungen.

Viele Ehrenamtliche – wie Margit Jelenko oder Lucy Stüber – sind ausgebildete Sozialarbeiter:innen. Rund ein Drittel der Ehrenamtlichen hat allerdings einen ganz anderen beruflichen Hintergrund. Sie arbeiten im Management, als Lehrer:innen, Techniker:innen oder – wie Fatih – als Jurist:innen. Von dieser Vielfalt an Perspektiven profitierten die Klient:innen.

Die Ehrenamtlichen betreuen bis zu fünf Personen. Angeleitet werden sie dabei von erfahrenen hauptamtlichen Kolleg:innen. „Damit wir die hohe Qualität unserer Arbeit gewährleisten können, gibt es eine intensive Einschulungsphase“, sagt Alfred Kohlberger, Geschäftsführer von NEUSTART. Diese Einschulung ist modular aufgebaut und umfasst fachliche Themen, wie die Deliktverarbeitung oder Methoden der Gesprächsführung.

Die Einschulungsphase von Margit Jelenko liegt schon lange zurück. Seit mehr als 27 Jahren engagiert sie sich bereits bei NEUSTART. Damit gehört sie zu den erfahrensten Ehrenamtlichen der Organisation. Sie weiß, dass es bei ihrer Arbeit jede Menge Herausforderungen gibt. „Ich halte das Bild, das von straffälligen Menschen in der Gesellschaft vorherrscht, für problematisch“, sagt sie. „Die Arbeitssuche – vor allem die Integration in den ersten Arbeitsmarkt – ist mit Vorstrafen ganz schwierig. Meine Klientinnen und Klienten dabei zu unterstützen, ist herausfordernd.“

Solche Hürden sind es wert übersprungen zu werden. Alfred Kohlberger betont die Bedeutung der Bewährungshilfe. „Resozialisierung und Wiedereingliederung hilft nicht nur den straffällig gewordenen Personen selbst“, sagt der NEUSTART Geschäftsführer. „Sie trägt auch zum Schutz der gesamten Gesellschaft bei. Deshalb schätze ich auch die Tätigkeit unserer Ehrenamtlichen so. Sie sind mit Herzblut und Leidenschaft dabei.“

Dieses Eindrucks kann man sich nicht erwehren, wenn man mit Lucy, Margit und Fatih über ihr Engagement spricht. „Ich denke, der Name der Organisation, bei der ich mich engagiere, sagt schon alles“, meint Lucy Stüber. „Wenn jemand eine zweite Chance oder einen neuen Start benötigt, dann bin ich gerne behilflich.“

Über die/den Autor:in

Thomas Marecek leitet die Kommunikation bei NEUSTART

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