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Drei Fragen an… Arno Pilgram

Univ.-Doz. Dr. Arno Pilgram ist Soziologe und Kriminologe. Er war bereits während seiner Studienzeit ehrenamtlicher Bewährungshelfer in Wien. Pilgram war, seit dessen Gründung, Mitarbeiter des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie und leitete dieses von 2000 bis 2004. Von 1981 bis 2018 gehörte er dem Vorstand und Aufsichtsrat von NEUSTART (bis 2001 „Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit“) an.

Wie hat Sie Ihr beruflicher und privater Weg zu NEUSTART geführt?
Als Studierender der Psychologie war ich, aus Gründen persönlicher Geschichte und wie Teile der Studentenbewegung, an der „Öffnung der Erziehungsheime“ interessiert und kam so mit Heinz Steinert – damals beim Verein für Bewährungshilfe und Soziale Jugendarbeit – in Kontakt. Auf seiner Anregung beruhte mein Dissertationsthema „Das prognostische Verhalten von Bewährungshelfern und Resozialisierungserfolg“. Während meiner Studienzeit war ich ab 1969 ehrenamtlicher Bewährungshelfer in Wien. Zu meinen Kolleg:innen am 1973 gegründeten Ludwig Boltzmann-Institut zählte Herbert Leirer, der mich als späterer Generalsekretär des Vereins 1981 für eine Funktion im Vorstand gewann. Dem Vorstand und Aufsichtsrat von NEUSTART gehörte ich bis 2018 an.

Was bedeutet die Mitgliedschaft bei NEUSTART für Sie persönlich?
Beruflich bin ich in der Sozialwissenschaft gelandet und nicht in der politischen und sozialen Praxis, ohne die Wissenschaft aber nichts umsetzen kann. Der Verein für Bewährungshilfe, mittlerweile NEUSTART, war immer aufgeschlossen für Forschung und Entwicklung im Bereich von Alternativen zu gesellschaftlichen Praktiken von Strafe und sozialem Ausschluss. Der Umgang mit Diversität und Kriminalität ist Maßstab für die soziale und liberale demokratische Verfassung eines Landes. Dass diese gerade „kriminalpolitisch“ besonders verteidigt werden muss, dafür mangelt es an Bewusstsein. Im Verein ist es verankert und wird der „zivile“ und sozialkonstruktive Umgang mit Konflikten in praktischen Modellen erarbeitet und demonstriert. Am radikalsten am Beispiel des Außergerichtlichen Tatausgleichs, der bei NEUSTART in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaft kreiert wurde.

Welche Anekdote, welches prägende Ereignis verbinden Sie mit NEUSTART?
Die Tätigkeit als ehrenamtlicher Bewährungshelfer führte mich in soziale und geografische Ecken und an Ränder Wiens, in die ich als Student kleinbürgerlicher Herkunft nie gekommen wäre. Z.B. lernte ich, als ein Proband dorthin zog, Marienthal und jene Arbeitersiedlung kennen, in der die klassische soziologische Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ durchgeführt wurde und wo heute in Erinnerung daran ein Museum steht.
Wenn Engagement Früchte trägt, entstehen bewegende Momente. Als solche erinnere ich exemplarisch den Beschluss des Leitbilds des Vereins im Jahre 1990. Es trug in der Struktur (politisches, methodisches, organisatorisches Leitbild) und in Teilen meine Handschrift. Ähnliche Freude machte mir die praktische Umsetzung des Kuratoriums 2014 nach langem Ringen. Es war seit 2004 statutarisch vorgesehen, damit es den Verein als zivilgesellschaftliche Organisation und er sich nicht nur als Sozialunternehmen präsentiert. Auch Misserfolge prägen sich ein, so etwa der Versuch, mit einem ausgearbeiteten „Bundesgesetz über Bewährungshilfe und soziale Arbeit in der Strafjustiz“ ein integriertes Straffälligenhilfegesetz zu erreichen. Das ändert nichts an einer für mich sehr positiven Bilanz meiner Mitgliedschaft.

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

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