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Dabeljudabeljupi -i- en

Hinter dieser phonetischen Bezeichnung steht ein europäisches Netzwerk namens „Work with pertetrators“ oder eben kurz WWP-EN. Gegründet 2014 umfasst es mittlerweile 66 Mitgliedorganisationen aus 33 europäischen Staaten. Dabei handelt es sich um Opferschutzeinrichtungen und solche, die (potentielle) Gefährder:innen auf einem Weg in eine gewaltfreie Zukunft unterstützen. Österreich wird unter anderem von NEUSTART vertreten.

Gemeinsam ist allen Mitgliedorganisationen die Überzeugung, dass häusliche Gewalt eine Menschenrechtsverletzung darstellt. Das Netzwerk ist ein Bindeglied zwischen Organisationen, die gemeinsam an Projekten arbeiten, etabliert grenzübergreifende Standards und bietet entsprechende Trainings an.

Form Harm to Hope

Einmal jährlich gibt es eine Konferenz, im August 2022 in Dublin zum Thema „From Harm to Hope“. Zentrales Thema waren dabei die Unterstützungsmöglichkeiten für junge Betroffene, die eventuell bereits in ihrer ersten Beziehung Gewalt erleben oder ausüben.

„Jokainen on turvassa“

Interessant sind die unterschiedlichen Ansätze, die in einzelnen Staaten verfolgt werden. So gibt es etwa in Finnland ein Interventionsmodell, das der Gewaltpräventionsberatung sehr ähnlich ist. Die Inhalte sind annähernd deckungsgleich. „Jokainen on turvassa“ setzt jedoch darauf, dass sich Betroffene selbst freiwillig melden und aktiv Unterstützung suchen.

Im Vortrag wurde das Bild eines Zuges gewählt: Die Schienen sind der Weg in die Gewaltfreiheit, die Starkstromleitung die Motivation, die dafür erforderlich ist. Die einzelnen Waggons entsprechen in dieser Metapher den einzelnen Interventionsmodulen, die durchlaufen werden müssen, um die Gewaltbereitschaft hinter sich zu lassen und den Weg in die Partnerschaftlichkeit zu bahnen. Das Projekt ist sehr ambitioniert, konnte aber bisher noch nicht annähernd so viele Gefährder:innen erreichen wie die Gewaltpräventionsberatung in Österreich.

„Ich liebe dich!“ – „Ich weiß nicht, was ich jetzt sagen soll.“

Aufgelockert wurde die Konferenz durch Oliver Malcor, einen Co-Autor der Methodensammlung „Scipting violence, rehearsing change“. Dabei wurden einzelne Spiele und Interventionen von den Teilnehmer:innen selbst ausprobiert. Hinter dem Lachen und Spielen steckt viel Selbsterfahrung.

Und auch das eine oder andere schauspielerische Talent, wenn es etwa darum geht, sich zu zweit gegenüberzustehen, einander in die Augen zu schauen und auf möglichst unterschiedliche Art den Dialog zu wiederholen: „Ich liebe dich!“ – „Ich weiß nicht, was ich jetzt sagen soll.“ Das Manual umfasst noch viele weitere Interventionen und kann sicher eine Inspiration sein für das eine oder andere Anti-Gewalt-Training.

Kilmainham Goal

Wer sich für Kriminalpolitik interessiert, besucht in Dublin das Kilmainham Goal, ein Gefängnis, das mittlerweile ein Museum ist und Mahnmal einer unmenschlichen Strafgerichtsbarkeit und eines grausamen Strafvollzuges. Bekannt ist das historische Gebäude auch aus dem Film über den Bären Paddington oder aus „Überwachen und Strafen“ von Michel Foucault.

Was uns das sagen will? Häusliche Gewalt darf nicht toleriert und ignoriert werden. Langfristig werden Haftstrafen jedoch nicht dazu beitragen, die Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit von Täter:innen verschwinden zu lassen. Staatliche Reaktionen und Sanktionen gegen häusliche Gewalt sollten das Ziel verfolgen, die Sicherheit (potentieller) Opfern zu erhöhen. Unterstützungsleistungen von NEUSTART leisten dazu einen entscheidenden Beitrag. In der Bewährungshilfe, im Tatausgleich und in der Gewaltpräventionsberatung. Täterarbeit ist ein wesentlicher Beitrag zum Opferschutz.

 

Über die/den Autor:in

In der Leitung Sozialarbeit zuständig für den Themenkomplex häusliche Gewalt, die Gewaltpräventionsberatung, den elektronisch überwachten Hausarrest, die Prozessbegleitung und den Saftladen.

Nebenberuflich Lektorin an der Sigmund-Freud-Universität und Trainerin, unter anderem in der Fortbildung zur juristischen Prozessbegleitung.
Vor NEUSTART wissenschaftlich und im Opferschutz tätig.

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