#TeamNEUSTART: Herbert Grünwald

Herbert Grünwald ist mit der Bewährungshilfe groß geworden – im wahrsten Sinne des Wortes: Schon sein Vater war Bewährungshelfer, als Herbert noch „in den Windeln lag“…

Bitte stell dich kurz vor.
Mein Name ist Herbert Grünwald, ich bin vor kurzem 60 geworden, bin verheiratet und Vater einer Tochter, die schon erwachsen ist.

In welcher NEUSTART Einrichtung und welchem Bereich arbeitest Du?
Ich arbeite in der Wiener Einrichtung und bin in den Bereichen Bewährungshilfe, Gewaltpräventionsberatung und als Leiter eines Teams Ehrenamtlicher tätig.

Seit wann bist du bei NEUSTART?
Schon seit Juni 1991, als unser Verein noch VBSA hieß (Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit).

Du bist sogar schon in zweiter Generation Bewährungshelfer und laut dem Leiter deiner Einrichtung schon seit deiner Kindheit „Teil von NEUSTART“ Was hat es damit auf sich?
Ja, das kann man so sagen. Mein Vater war einer der ersten Bewährungshelfer, also schon im Verein tätig, als ich vermutlich noch in den Windeln gelegen bin.

Wie hat dir dein Vater in deiner Kindheit erklärt, was er als Bewährungshelfer eigentlich macht? Beziehungsweise, wie würdest du selbst deine Tätigkeit heute kindgerecht erklären?
Erklärt hat er mir seine Tätigkeit in etwa so, dass er Menschen, die vom Weg abgekommen sind und Probleme haben, hilft, wieder auf einen guten Weg zu finden. Das habe ich immer als etwas Besonderes und Wertvolles empfunden und so ebenfalls Interesse daran entwickelt. Ich selbst würde meine Tätigkeit heute sehr ähnlich beschreiben, zumindest habe ich es meiner Tochter in etwa auch so erklärt. Bei meinen Ausführungen über meine Tätigkeit war und ist mir immer wichtig, den Menschen hinter der:m Straftäter:in zu sehen und dies auch so zu vermitteln.

Und wie fandest du das als Kind? Erinnerst du dich noch, welche Gefühle der Beruf deines Vaters bei dir ausgelöst hat?
Ich habe mitbekommen, dass mein Vater gerne gearbeitet hat. Manchmal hat er Geschichten von Probanden – so wurden die Klient:innen damals genannt – erzählt und ich habe auch ab und zu Telefonate miterlebt, die er mit Probanden geführt hat, die in Krisen oder Problemlagen bei uns angerufen haben. Einmal war einer seiner Probanden bei uns daheim, da habe ich auch eine Vorstellung bekommen, wie er mit ihnen umgeht. Das war damals so, heute unvorstellbar … Ab und zu hat er auch daheim „gelbe Blätter“ – die damalige Hauptdokumentationsform – geschrieben oder seine Arbeitszeiten in das so genannte „Dienstbuch“ eingetragen.
Er hat vor allem das kollegiale Umfeld sehr geschätzt. Eine Zeit lang haben sich die Familien einiger Kolleg:innen sogar regelmäßig getroffen. Ich durfte dadurch liebenswerte, zum Teil beeindruckende, Menschen kennenlernen. Das hat sicher auch geprägt. Da ich in meiner Jugend viel und gerne Fußball gespielt habe, war ich dann auch immer wieder mal bei Fußballspielen seiner Kollegen mit dabei. Damals hatte ich noch keine Ahnung, dass ich ebenfalls Sozialarbeiter werden möchte.

Wie hat dich das bei der eigenen Berufswahl beeinflusst? Wusstest du schon immer, dass du in die „Fußstapfen“ deines Vaters treten möchtest? Wann und warum hast du dich dafür entschieden?
Ich habe mitbekommen, dass man als Bewährungshelfer eine sinnvolle und interessante Tätigkeit hat und das kollegiale Umfeld und die Arbeitsbedingungen passen. Ich habe auch immer Interesse an den Klient:innen und dem Thema Straffälligkeit gehabt, das war irgendwie spannend und aufregend. Für die Entscheidung der Berufswahl waren aber dann zwei Freunde ausschlaggebend, die die Sozialakademie gemacht haben. Da habe ich dann gewusst, dass ich Sozialarbeiter werden möchte. Der Weg zur Bewährungshilfe hat sich dann durch die vorher erwähnten Kontakte verdichtet. Ich war während des Studiums ehrenamtlicher Bewährungshelfer und in zwei der damaligen Wiener Außenstellen in der Arbeitsberatung und als Sprechstundenhilfe tätig.

Was hat dein Vater zu deiner Berufswahl gesagt?
Er hat nie versucht, mich dazu zu motivieren, diesen Job oder die Ausbildung als Sozialarbeiter zu machen, meine Entscheidung als Bewährungshelfer zu arbeiten aber wohlwollend aufgenommen.

Meinst du, dass du durch deine frühe Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Straffälligkeit und Soziale Arbeit eine andere – vielleicht realistischere – Perspektive auf den Beruf hattest als etwa deine Studienkolleg:innen?
Kann ich nicht sagen, mir war jedenfalls relativ schnell klar, dass dieser Job nicht immer easy ist und dass man auch seine Erwartungshaltungen beim „Helfen“ möglichst realistisch halten sollte.

Du hast durch deinen Vater viele organisatorische aber auch methodische Entwicklungen bei NEUSTART mitbekommen, bevor du selbst hier zu arbeiten begonnen hast. Wie unterscheidet sich die heutige Betreuung von der damaligen?
Ich kann da nur vom Leistungsbereich Bewährungshilfe ausgehen und würde sagen, dass damals mehr der straffällig gewordene Mensch im Fokus gestanden ist. Heute scheinen das Rückfallrisiko, die Deliktverarbeitung und die dazugehörige Dokumentation mehr im Vordergrund. Die Prioritätensetzung unserer Arbeit hat sich verändert. Der größte Unterschied liegt in der Zeit, beziehungsweise allgemein in den zur Verfügung stehenden Ressourcen, die zunehmend knapper werden.

Was hätte NEUSTART aus der aktiven Zeit deines Vaters gerne in die Gegenwart mitnehmen dürfen und was findest du, umgekehrt, heute besser?
Das ist schwer zu sagen, weil sich die Zeiten und daher auch unsere Zugänge zu sehr vielen Dingen verändert haben und viel an neuen Möglichkeiten und Notwendigkeiten entstanden ist, siehe Handy, PC, neue Leistungsbereiche, … In meinen Anfängen war das „gelbe Blatt“ eine Zeit lang fachlich ausreichend. Ich würde mir jedenfalls mehr Zeit für meine Klient:innen und mehr Zeit für die fachliche Auseinandersetzung mit ins Jetzt nehmen. Heute läuft dafür vieles strukturierter und klarer. Wir machen immer noch sehr gute Arbeit und sind wirksam – damals wie heute.

Was gefällt dir generell an deiner Arbeit am besten?
Die Möglichkeiten der Kreativität in der Auseinandersetzung mit den Menschen, mit denen ich zu tun habe. Sowohl in den Gesprächen mit den Klient:innen, als auch im fachlichen Austausch mit Kolleg:innen und in den Abteilungsbesprechungen. Ich lerne immer noch dazu.

Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?
Herausfordernd finde ich den zunehmenden Zeitdruck und die wachsenden Anforderungen in unserer Arbeit.

Wo hast du gesehen, dass deine Arbeit etwas bewirkt?
Wenn in der Betreuung etwas gelingt. Das kann das Erreichen einer Verbesserung der Lebenssituation der Klient:innen sein, oder zu bemerken, dass Klient:innen etwas bewusst geworden ist, das Mut zur Veränderung schafft. Auch positive Rückmeldungen von Klient:innen zeigen mir, dass ich wirken kann.

Wie findest du persönlich Ausgleich zu deinem Job?
Ich mache Musik, spiele in einer Band und ich reise gerne. Ich bin in so oft es geht in der Natur und verbringe möglichst viel Zeit mit Menschen, die mir lieb und wichtig sind.

Gibt es sonst noch etwas, das du mit deinen Kolleg:innen teilen möchtest?
Man wirkt immer – oft vielleicht mehr als man glaubt.

Über die/den Autor:in

Laura Roth ist seit 2019 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins NEUSTART. Ihre Schwerpunkte sind die interne Kommunikation und unsere Newsletter. In unserer Serie #TeamNEUSTART holt sie regelmäßig Kolleg:innen aus ganz Österreich vor den Vorhang

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