Von „Buh!“ zu „Aha!“ – Wenn Schreckgestalten die Kurve kriegen

Wir lieben klare Rollen zu Halloween. Noch spannender wird’s, wenn Hexe, Sensenmann & Co. durch Beziehung, Vertrauen und klare Grenzen eine zweite Chance nutzen.

Halloween lebt von klaren Gegensätzen und eindeutigen Rollen: hier die Guten, dort die Bösen. Das macht Spaß und begeistert vor allem die Jüngeren. Die verschlagene Hexe, der finstere Zauberer, der gar nicht lustige Gruselclown oder der furchteinflößende Sensenmann – sie alle sind das personifizierte Böse, das an Halloween sein Unwesen treibt. Solche „Endgegner“ sind zentrale Figuren in Film und Literatur. Wirklich interessant wird die Geschichte von Gut und Böse allerdings erst, wenn das Böse durch soziale Intervention die Chance erhält, eine Wende zum Guten zu schaffen. Hier kommen unsere Paradebeispiele für gar nicht mehr sooo böse Bösewichte – und was wir daraus für die Praxis lernen.

Anakin Skywalker aka Darth Vader (Star Wars)

Die Figur des Darth Vader ist das Ergebnis aus Trauma und Manipulation. Er hat sich für die Dunkle Seite der Macht entschieden, bis ihn sein Sohn Luke beharrlich als „Vater“ anspricht und ihm Hoffnung ohne Verharmlosung anbietet. Durch diese Zuwendung und klare Grenze durch Luke gelingt Darth Vader ein kurzer, aber echter Identitätsumschwung.

Ben Solo aka Kylo Ren (Star Wars)

Mit Darth Vaders Enkelkind Ben Solo aka Kylo Ren verhält es sich ähnlich: Er ringt mit Identität, Schuld und dem Sog eines destruktiven Netzwerks – bis Beziehung ihn erreicht. Rey setzt klare Grenzen und spricht zum „Ben“ in ihm. Nach Leias Ruf und der Begegnung mit Han bricht Kylo mit seiner Täterrolle und wirft das Lichtschwert weg. Der Identitätswechsel gelang durch Bindung und konsequente Wertehaltung.

Boromir (Der Herr der Ringe)

Boromir fällt der Versuchung des Rings anheim und scheitert – doch die Bindung zur Gemeinschaft wirkt: Er schützt Merry und Pippin bis zum eigenen Tod und übernimmt Verantwortung für sein Handeln. Was lernen wir daraus? Soziale Zugehörigkeit und Verantwortungsübernahme erleichtern den Kurswechsel. Einsicht und Wiedergutmachung spielen dabei eine essentielle Rolle.

Gru (Ich, einfach unverbesserlich)

Der Superschurke mit Mondklau-Ambitionen ist zynisch und ständig auf der Suche nach Status. Als drei Pflegekinder in sein Leben treten, entstehen plötzlich stabile Bindungen, ein von Fürsorglichkeit geprägter Alltag und neue Regeln durch Verantwortungsübernahme. Eine verlässliche Beziehung und seine neue Rolle als Caretaker sind Grus Change-Hebel.

Loki (Marvel Cinematic Universe)

Als selbstzentrierter Trickser definiert sich Loki über Macht und Status – bis er auf Mobius, ein wertschätzendes Gegenüber, und Sylvie, ein Kontrast zu ihm, trifft. Er entscheidet dafür, andere zu beschützen. Sein Selbstbild verschiebt sich von Ego zu Verantwortungsträger. Das zeigt uns: Neue sinnstiftende Rollen ermöglichen eine echte Identitätsveränderung – sogar bei hartnäckigen „Trickser-Profilen“.

Das Biest (Die Schöne und das Biest)

Ein isolierter, verbitterter Prinz – misstrauisch, kontrollierend, ohne soziale Skills – mit einer langsam verwelkenden Rose, die ihm seine schwindende Chance auf Rehabilitation vor Augen führt. Erst die gemeinsamen Routinen mit und die echte Wertschätzung von Belle („Ich sehe mehr, als dein Äußeres“) stellen einen Wendepunkt im Leben des Biests dar: Er stellt ihr Wohl über seine Bedürfnisse – Empathie ersetzt Besitzdenken. Bindung wirkt eben, wenn sie mit Autonomie und Verantwortung einhergeht.

Über die/den Autor:in

Maria Renner ist seit 2022 Teil des Kommunikations-Teams des Vereins und ist Ansprechpartnerin für sämtliche NEUSTART Publikationen, unter anderem unseren Jahresbericht „Report“.

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