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Vermittlung gemeinnütziger Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe

Als sozial konstruktive Maßnahme ist die Erbringung gemeinnütziger Leistungen eine alternative Sanktion für nicht einbringliche Geldstrafen. Diese Maßnahme schränkt die Freiheit der oder des Beschuldigten ein – nicht durch Haft, sondern indem sie ihre oder seine Freizeit (in Relation zur Haftdauer) reduziert. Gemeinnützige Leistungen dienen gleichermaßen der sozialen Integration wie der Normverdeutlichung.

In welchen Fällen kommt es zu einer Zuweisung?

Die Erbringung gemeinnütziger Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe ist im § 3a. StVG geregelt und wird der oder dem Verurteilten in allen Fällen, die den Voraussetzungen entsprechen, angeboten.

Zielgruppe: Wer erbringt gemeinnützige Leistungen?

Zielgruppe für gemeinnützige Leistungen sind Verurteilte zu einer Geldstrafe, die eine Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten haben, weil sie die vom Gericht verhängte Geldstrafe nicht bezahlen können.

Welches Ziel wird mit der Vermittlung gemeinnütziger Leistungen verfolgt?

Ziel der Vermittlung gemeinnütziger Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe ist der Ersatz der Inhaftierung durch eine vollständige Erbringung der gemeinnützigen Leistung (ein Hafttag entspricht vier Stunden gemeinnütziger Leistung). Dies wird durch eine passende Vermittlung insbesondere unter Berücksichtung der Fähigkeiten der zu vermittelnden Person, sowie der strukturellen und regionalen Möglichkeiten bezüglich der vorhandenen gemeinnützigen Einrichtungen erreicht.

Wie sieht die Vermittlung durch NEUSTART konkret aus?

Die Aufforderung zum Strafantritt an die Klientin oder den Klienten mit der Information über die Möglichkeit der Ableistung gemeinnütziger Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe und die Anzahl der zu erbringenden Stunden erhält in Gleichschrift NEUSTART. Die betroffene Klientin oder der betroffene Klient wird von NEUSTART schriftlich informiert und zu einem persönlichen Gespräch eingeladen.

Erklärt sich die Klientin oder der Klient innerhalb eines Monats nach Aufforderung zum Strafantritt mit der Maßnahme einverstanden, so wird das dem Gericht mitgeteilt. Gemeinnützige Leistungen werden daran anschließend je nach Stundenausmaß in eine geeignete Einrichtung vermittelt. Vor der Versendung eines Abschlussberichtes an die Zuweiserin oder den Zuweiser führt NEUSTART mit der oder dem Beschuldigten noch ein Gespräch, in dem die Maßnahme und der erzielte Lerneffekt besprochen werden.

Welche Leistungen erbringt NEUSTART?

NEUSTART unterstützt die Klientinnen und Klienten bei der Vermittlung zu gemeinnützigen Leistungen, die im jeweiligen Fall passend erscheinen. Im sozialarbeiterischen Gespräch werden gemeinsam Motivation, Hintergründe und zukünftige Strategien zur Vermeidung von Straftaten reflektiert.

Die oder der Verurteilte wird über die rechtlichen Rahmenbedingungen und seine Möglichkeiten informiert. Nimmt sie oder er das Angebot an, erklärt sie oder er schriftlich die Annahme des Angebots an das Gericht, das NEUSTART übermittelt. Zur Normverdeutlichung werden mit der Klientin oder dem Klienten das Delikt, die zugrunde liegenden Ursachen sowie die Folgen aufgearbeitet.

NEUSTART steht mit geeigneten gemeinnützigen Einrichtungen in Verbindung. Die Sozialarbeiterin oder der Sozialarbeiter von NEUSTART wählt eine geeignete gemeinnützige Einrichtung aus, nimmt Kontakt auf und klärt den Termin für die Erbringung der gemeinnützigen Leistungen. Dabei wird darauf geachtet, dass die Einrichtung zur Ableistung der gemeinnützigen Leistungen möglichst in sinnvollem Zusammenhang mit den persönlichen Voraussetzungen und Stärken der Klientin oder des Klienten sowie der Straftat steht.

Die Vermittlerin oder der Vermittler von NEUSTART hält kontinuierlich Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtung. Er ist zudem die Ansprechperson bei eventuell auftretenden Problemen.

Für die Einrichtung besteht gemäß § 202 Abs. 3 bis 5 StPO eine Haftungsbeschränkung (teilweise Haftungsübernahme durch den Bund).

Durch wen erfolgt die Zuweisung?

Die Zuweisung zur Erbringung gemeinnütziger Leistungen erfolgt durch das Gericht gleichzeitig mit der Aufforderung an die Klientin oder den Klienten zum Strafantritt mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, statt der Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Leistungen zu erbringen.

Was geschieht, wenn die gemeinnützige Leistungen nicht erbracht werden?

Wenn die oder der Verurteilte die gemeinnützigen Leistungen nicht oder nur teilweise erbracht werden, ist der nicht erbrachte Rest in der Regel in Form der Ersatzfreiheitsstrafe abzubüßen.

Gesetzliche Grundlagen für die Vermittlung gemeinnütziger Leistung statt Ersatzfreiheitsstrafe

Die gesetzliche Grundlage findet sich in den §§ 3.(1) sowie 3a. Strafvollzugsgesetz:

Anordnung des Vollzuges der auf Freiheitsstrafe lautenden Strafurteile

Anordnung des Vollzuges

§ 3. (1) Ist an einem Verurteilten eine Freiheitsstrafe zu vollziehen, so ist der Strafvollzug anzuordnen und die nach § 9 zur Einleitung oder Durchführung des Strafvollzuges zuständige Anstalt von der Anordnung zu verständigen. Zugleich mit dieser Verständigung oder so bald wie möglich ist der Anstalt auch eine Ausfertigung des Strafurteiles zu übersenden. Der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe hat jedoch zu unterbleiben, soweit der Verurteilte die ausständige Geldstrafe erlegt, durch eine öffentliche Urkunde nachweist, dass sie gezahlt ist, oder gemeinnützige Leistungen (§ 3a) erbringt. Darüber ist er in der Aufforderung zum Strafantritt zu informieren, wobei ihm auch das Ausmaß der zu erbringenden gemeinnützigen Leistungen mitzuteilen ist. Eine Gleichschrift dieser Mitteilung ist auch einer in der Sozialarbeit erfahrenen Person (§ 29b Bewährungshilfegesetz) zu übermitteln. Ist der psychische Zustand des Verurteilten oder sein sonstiger Gesundheitszustand im Zuge des Strafverfahrens durch sachverständige Personen untersucht worden, so ist der Verständigung auch eine Abschrift des Gutachtens anzuschließen.

Erbringung gemeinnütziger Leistungen

§ 3a. (1) Gemeinnützige Leistungen sind in der Freizeit bei einer geeigneten Einrichtung (§ 202 StPO) zu erbringen, mit der das Einvernehmen herzustellen ist. Vier Stunden gemeinnütziger Leistungen entsprechen einem Tag der Freiheitsstrafe. Nach vollständiger Erbringung gilt die Strafe als vollzogen. Der Vermittler erarbeitet gemeinsam mit dem Verurteilten den für die Erbringung der gemeinnützigen Leistung benötigten Zeitraum, wobei auf eine gleichzeitige Aus- und Fortbildung, eine Berufstätigkeit oder eine Verpflichtung aus einer Arbeitsvermittlung Bedacht zu nehmen ist, und unterstützt ihn bei den erforderlichen Eingaben bei Gericht. Der Zeitraum für die Erbringung der gemeinnützigen Leistungen darf nicht länger bemessen werden, als der Verurteilte bei wöchentlich zehn Arbeitsstunden benötigen würde. § 202 Abs. 1 letzter Satz sowie Abs. 3 bis 5 StPO gilt sinngemäß. Die Erbringung gemeinnütziger Leistungen bei Freiheitsstrafen, die neun Monate oder länger dauern, ist nicht zulässig.

(2) Teilt der Verurteilte innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2 dem Gericht mit, dass er sich bereit erkläre, gemeinnützige Leistungen zu erbringen und ist dies rechtlich zulässig, so wird diese Frist gehemmt. Danach muss der Verurteilte innerhalb eines Monats ein Einvernehmen mit einer geeigneten Einrichtung erreichen und dies dem Gericht mitteilen. Wird innerhalb dieser Frist kein Einvernehmen erzielt, so läuft die Frist des § 3 Abs. 2 fort. Teilt der Verurteilte hingegen die erreichte Einigung rechtzeitig mit, so gilt der Strafvollzug mit dem Tag des Einlangens der Mitteilung bei Gericht bis zum Nachweis der Erbringung der gemeinnützigen Leistungen als aufgeschoben.

(3) Entspricht die Einigung nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, so hat das Gericht dem Verurteilten mitzuteilen, welche Änderungen der Einigung erforderlich wären, und ihm aufzutragen, die geänderte Einigung binnen 14 Tagen vorzulegen, widrigenfalls die Strafe zu vollziehen ist.

(4) Der Aufschub ist zu widerrufen und die Freiheitsstrafe zu vollziehen, wenn der Verurteilte die gemeinnützigen Leistungen nicht oder nicht vollständig erbringt; bereits erbrachte Leistungen sind entsprechend zu berücksichtigen. Weist der Verurteilte nach, dass er an der vollständigen Erbringung der gemeinnützigen Leistungen durch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse gehindert war, so hat das Gericht den Aufschub für die notwendige und angemessene Dauer zu verlängern.