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Vermittlung gemeinnütziger Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren

Als sozial konstruktive Maßnahme ist die Erbringung gemeinnütziger Leistungen eine alternative Sanktion für nicht einbringliche Geldstrafen. Diese Maßnahme schränkt die Freiheit der oder des Beschuldigten ein – nicht durch Haft, sondern indem sie dessen Freizeit (in Relation zur Haftdauer) reduziert. Gemeinnützige Leistungen dienen gleichermaßen der sozialen Integration wie der Normverdeutlichung.

In welchen Fällen kommt es zu einer Zuweisung?

Die Erbringung gemeinnütziger Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe in verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren ist im § 179. Abs.3 Finanzstrafgesetz sowie im § 3a. Abs. 1 bis 4 StVG geregelt und wird der oder dem Verurteilten in allen Fällen, die den Voraussetzungen entsprechen, angeboten.

Zielgruppe: Wer erbringt gemeinnützige Leistungen?

Zielgruppe für gemeinnützige Leistungen sind Verurteilte nach dem Finanzstrafgesetz zu einer Geldstrafe, die eine Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten haben, weil sie die verhängte Geldstrafe nicht bezahlen können. NEUSTART vermittelt Personen, die gegenüber einer Finanzstrafbehörde (Finanz- oder Zollamt) ein Ersuchen um Erbringung gemeinnütziger Leistungen abgegeben haben und NEUSTART danach zugewiesen wurden.

Welches Ziel wird mit der Vermittlung gemeinnütziger Leistungen verfolgt?

Ziel der Vermittlung gemeinnütziger Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe in Finanzstrafsachen ist der Ersatz der Inhaftierung durch eine vollständige Erbringung der gemeinnützigen Leistung (ein Hafttag entspricht vier Stunden gemeinnütziger Leistung). Dies wird durch eine passende Vermittlung insbesondere unter Berücksichtung der Fähigkeiten der zu vermittelnden Person, sowie der strukturellen und regionalen Möglichkeiten bezüglich der vorhandenen gemeinnützigen Einrichtungen erreicht.

Wie sieht die Vermittlung durch NEUSTART konkret aus?

Die Finanzstrafbehörde stellt dem Verurteilten die Aufforderung zum Strafantritt an die Klientin oder den Klienten mit der Information über die Möglichkeit der Ableistung gemeinnütziger Leistungen zu. Wenn die oder der Verurteilte ihr oder sein schriftliches Ersuchen um ersatzweise Erbringung gemeinnütziger Leistungen abgibt, wird NEUSTART von der Finanzstrafbehörde mit der Vermittlung an eine gemeinnützige Einrichtung innerhalb eines Monats ab Einverständnis beauftragt.

Welche Leistungen erbringt NEUSTART?

NEUSTART lädt die oder den Verurteilten zu einem persönlichen Erstgespräch ein, in dem die zur Vermittlung notwendigen Informationen erhoben werden und die Klientin oder der Klient über das Wesen der Erbringung gemeinnütziger Leistungen informiert wird.

NEUSTART steht mit geeigneten gemeinnützigen Einrichtungen in Verbindung. Die Sozialarbeiterin oder der Sozialarbeiter von NEUSTART wählt eine geeignete gemeinnützige Einrichtung aus, nimmt Kontakt auf und klärt den Termin für die Erbringung der gemeinnützigen Leistungen.

Mittels eines Erstberichts wird die erfolgreiche Vermittlung innerhalb eines Monats ab Zustellung des Einverständnisses der Klientin oder des Klienten berichtet. Der Zeitraum für die Erbringung der gemeinnützigen Leistung, darf nicht län­ger bemessen werden, als die oder der Verurteilte bei wöchentlich 10 Arbeitsstunden benötigen würde (z. B. 100 Stunden = 10 Wochen).

Die Vermittlerin oder der Vermittler von NEUSTART hält kontinuierlich Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtung. Sie oder er ist zudem die Ansprechperson bei eventuell auftretenden Problemen.

Für die Einrichtung besteht gemäß § 202 Abs. 3 bis 5 StPO eine Haftungsbeschränkung (teilweise Haftungsübernahme durch den Bund).

Bei gravierenden auftretenden Problemen während der Ableistung findet ein persönliches Gespräch statt. Bei unüberwindbaren Problemen findet eine Zweitvermittlung statt. Der Zuweiserin oder dem Zuweiser wird bei Zweitvermittlungen ein Zwischenbericht übermittelt.

Vor der Versendung eines Abschlussberichtes an die Zuweiserin oder den Zuweiser führt NEUSTART mit der oder dem Beschuldigten noch ein Gespräch, in dem die Maßnahme und der erzielte Lerneffekt besprochen werden.

Durch wen erfolgt die Zuweisung?

Die Zuweisung zur Erbringung gemeinnütziger Leistungen erfolgt durch das Finanz- oder Zollamt, nachdem die oder der Verurteilte sich zur ersatzweisen Erbringung gemeinnütziger Leistungen bereit erklärt hat.

Was geschieht, wenn die gemeinnützige Leistungen nicht erbracht werden?

Wenn die oder der Verurteilte die gemeinnützigen Leistungen nicht oder nur teilweise erbringen, ist der nicht erbrachte Rest in der Regel in Form der Ersatzfreiheitsstrafe abzubüßen.

Gesetzliche Grundlagen für die Vermittlung gemeinnütziger Leistung statt Ersatzfreiheitsstrafe im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren

Die gesetzliche Grundlage findet sich in den §§ 179 Abs.3 Finanzstrafgesetz sowie3a. Abs. 1 bis 4 Strafvollzugsgesetz:

§ 179.

(3) Der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, wenn der Bestrafte gemeinnützige Leistungen (§ 3a StVG) erbringt. Darüber ist er in der Aufforderung zum Strafantritt zu informieren, wobei ihm auch das Ausmaß der zu erbringenden gemeinnützigen Leistungen mitzuteilen ist. Eine Gleichschrift dieser Mitteilung darf auch einer in der Sozialarbeit erfahrenen Person (§ 29b des Bewährungshilfegesetzes, BGBl. Nr. 146/1969) übermittelt werden. § 3a Abs. 1 bis 4 StVG und § 29b Bewährungshilfegesetz sind mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an Stelle des Gerichtes die Finanzstrafbehörde tritt. Die Vermittlung gemeinnütziger Leistungen hat nur über Ersuchen des Bestraften zu erfolgen.

Anordnung des Vollzuges der auf Freiheitsstrafe lautenden Strafurteile

Anordnung des Vollzuges

§ 3. (1) Ist an einem Verurteilten eine Freiheitsstrafe zu vollziehen, so ist der Strafvollzug anzuordnen und die nach § 9 zur Einleitung oder Durchführung des Strafvollzuges zuständige Anstalt von der Anordnung zu verständigen. Zugleich mit dieser Verständigung oder so bald wie möglich ist der Anstalt auch eine Ausfertigung des Strafurteiles zu übersenden. Der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe hat jedoch zu unterbleiben, soweit der Verurteilte die ausständige Geldstrafe erlegt, durch eine öffentliche Urkunde nachweist, dass sie gezahlt ist, oder gemeinnützige Leistungen (§ 3a) erbringt. Darüber ist er in der Aufforderung zum Strafantritt zu informieren, wobei ihm auch das Ausmaß der zu erbringenden gemeinnützigen Leistungen mitzuteilen ist. Eine Gleichschrift dieser Mitteilung ist auch einer in der Sozialarbeit erfahrenen Person (§ 29b Bewährungshilfegesetz) zu übermitteln. Ist der psychische Zustand des Verurteilten oder sein sonstiger Gesundheitszustand im Zuge des Strafverfahrens durch sachverständige Personen untersucht worden, so ist der Verständigung auch eine Abschrift des Gutachtens anzuschließen.

Erbringung gemeinnütziger Leistungen

§ 3a. (1) Gemeinnützige Leistungen sind in der Freizeit bei einer geeigneten Einrichtung (§ 202 StPO) zu erbringen, mit der das Einvernehmen herzustellen ist. Vier Stunden gemeinnütziger Leistungen entsprechen einem Tag der Freiheitsstrafe. Nach vollständiger Erbringung gilt die Strafe als vollzogen. Der Vermittler erarbeitet gemeinsam mit dem Verurteilten den für die Erbringung der gemeinnützigen Leistung benötigten Zeitraum, wobei auf eine gleichzeitige Aus- und Fortbildung, eine Berufstätigkeit oder eine Verpflichtung aus einer Arbeitsvermittlung Bedacht zu nehmen ist, und unterstützt ihn bei den erforderlichen Eingaben bei Finanz- oder Zollamt. Der Zeitraum für die Erbringung der gemeinnützigen Leistungen darf nicht länger bemessen werden, als der Verurteilte bei wöchentlich zehn Arbeitsstunden benötigen würde. § 202 Abs. 1 letzter Satz sowie Abs. 3 bis 5 StPO gilt sinngemäß. Die Erbringung gemeinnütziger Leistungen bei Freiheitsstrafen, die neun Monate oder länger dauern, ist nicht zulässig.

(2) Teilt der Verurteilte innerhalb der Frist des § 3 Abs. 2 dem Finanz- oder Zollamt mit, dass er sich bereit erkläre, gemeinnützige Leistungen zu erbringen und ist dies rechtlich zulässig, so wird diese Frist gehemmt. Danach muss der Verurteilte innerhalb eines Monats ein Einvernehmen mit einer geeigneten Einrichtung erreichen und dies dem Finanz- oder Zollamt mitteilen. Wird innerhalb dieser Frist kein Einvernehmen erzielt, so läuft die Frist des § 3 Abs. 2 fort. Teilt der Verurteilte hingegen die erreichte Einigung rechtzeitig mit, so gilt der Strafvollzug mit dem Tag des Einlangens der Mitteilung bei Finanz- oder Zollamt bis zum Nachweis der Erbringung der gemeinnützigen Leistungen als aufgeschoben.

(3) Entspricht die Einigung nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, so hat das Finanz- oder Zollamt dem Verurteilten mitzuteilen, welche Änderungen der Einigung erforderlich wären, und ihm aufzutragen, die geänderte Einigung binnen 14 Tagen vorzulegen, widrigenfalls die Strafe zu vollziehen ist.

(4) Der Aufschub ist zu widerrufen und die Freiheitsstrafe zu vollziehen, wenn der Verurteilte die gemeinnützigen Leistungen nicht oder nicht vollständig erbringt; bereits erbrachte Leistungen sind entsprechend zu berücksichtigen. Weist der Verurteilte nach, dass er an der vollständigen Erbringung der gemeinnützigen Leistungen durch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse gehindert war, so hat das Finanz- oder Zollamt den Aufschub für die notwendige und angemessene Dauer zu verlängern.