Sozialpolitik ist die effektivste Kriminalpolitik

Basierend auf über 70 Jahren Erfahrung in der justiznahen Sozialarbeit tritt NEUSTART für eine Politik ein, die für eine effektive und nachhaltige Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sorgt.

Vorschläge:

  • Das Ziel der Bekämpfung und Vermeidung von Armut und sozialer Ausgrenzung soll von Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft aktiv verfolgt werden.
  • Insbesondere soll das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz so überarbeitet werden, dass zumindest die Standards der früheren Vereinbarung nach Art. 15a B-VG über die bedarfsorientierte Mindestsicherung wieder erreicht werden. Die Armutskonferenz hat „19 Punkte für eine neue Mindestsicherung, die Existenz, Chancen und Teilhabe sichert“ formuliert, die von NEUSTART unterstützt werden.
  • Eine Kindergrundsicherung sollte die Grundbedürfnisse und gewisse gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten decken. Ein damit verbundener Wegfall aller sonstigen (regionalen) Leistungen und der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderkosten würde nicht nur bürokratische Einsparungen bringen, die die Finanzierung erleichtern, sondern auch zu erhöhter Chancengleichheit führen.
  • Eine umfassende Einbindung von Strafgefangenen in das System der Sozialversicherungen sollte umgesetzt werden. Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung sollten möglichst frühzeitig (bereits im Entlassungsvollzug) und nach einer Entlassung möglichst umfassend angewendet werden.

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„Sozialpolitik ist die beste Kriminalpolitik“ – diese These des Strafrechtsreformers Liszt aus dem 19. Jahrhundert hat auch heute noch universelle Gültigkeit.

Materielle Not, Arbeitslosigkeit, soziale Unterversorgung und die damit verbundenen psychischen Belastungs- und Stressfaktoren stellen ein Risiko für das Überschreiten der Legalitätsgrenzen dar. Einfache Eigentumsdelikte (Ladendiebstähle, Versandhausbetrügereien, etc.), aber auch aggressives Verhalten in Konfliktsituationen zeigen sich unter solchen Umständen vermehrt. Menschen eine stabile Existenzgrundlage in einem stimmig ausgebauten Wohlfahrtsstaat zu ermöglichen, ist daher auch Kriminalitätsprävention.

Das umfasst einen garantierten Zugang zu sozialen Gütern und Dienstleistungen hoher Qualität, gute Wohn- und Bildungsmöglichkeiten, umfassende Gesundheitsvorsorge inklusive Pflegeleistungen, Kinderbetreuungs- und Beratungseinrichtungen und das Angebot sozialer Organisationen für spezielle Bedarfslagen.

Erwiesen ist, dass Arbeit und Beschäftigung wichtige protektive Faktoren gegen eine neuerliche Straffälligkeit sind. Ein konkreter sozialpolitischer Fortschritt für die Resozialisierung nach einer Haft wäre ein gleicher Zugang für aus einer Haft entlassene Personen zu Kursangeboten, Beschäftigungsprojekten und sonstigen Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung wie für Langzeitarbeitslose. Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung sollten darüber hinaus bereits im Entlassungsvollzug zugänglich sein.

Die Einbeziehung der Strafgefangenen in die Arbeitslosenversicherung erfolgte mit der Strafvollzugsnovelle 1993. Damals wurde das im Justizausschuss als „lediglich ein erster Schritt in Richtung einer umfassenden sozialen Absicherung von während der Haft arbeitenden (und dann auch entsprechende Beiträge leistenden) Strafgefangenen und deren Angehörigen“ bezeichnet (siehe AB 1253 dB XVII GP; Seite 12). Eine umfassende Einbindung von Strafgefangenen in das System der Sozialversicherungen würde insbesondere den Erwerb von Pensionsversicherungszeiten für Arbeitsleistungen in Justizanstalten beinhalten, wodurch eine Abhängigkeit von Sozialhilfeleistungen im Alter verringert werden würde.