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Das Soziale Netz als Ressource

Seit 2012 werden Sozialnetzkonferenzen bei NEUSTART angeboten. Nach zwei Jahren der Erprobung wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Jugendliche und junge Erwachsene geschaffen. Seit 2022 besteht auch die gesetzliche Grundlage, bei Erwachsenen „Entlassungskonferenzen“ durchzuführen.
Sozialnetzkonferenzen

Sozialnetzkonferenzen


Ein zentraler Punkt von Sozialnetzkonferenzen ist die Annahme, dass Klient:innen mit Unterstützung ihres sozialen Umfelds selbst über eine ausreichende Entscheidungs- und Problemlösungskompetenz verfügen. Das soziale Netz ist dabei eine wichtige Ressource.

Zwei Arten von Sozialnetz-Konferenzen werden bei NEUSTART über Zuweisung durch das Gericht oder eine Justizanstalt angeboten:

  • Untersuchungshaftkonferenzen
  • Entlassungskonferenzen

Erstere werden vor der ersten Haftverhandlung einberufen, das Gericht ordnet gleichzeitig Bewährungshilfe an. Ziel ist die Erstellung eines Maßnahmenplanes, der der Entscheidungsfindung des:der Richter:in dient. Dieser Maßnahmenplan muss konkrete Vorschläge zum Aufenthalt, zur Tagesstruktur, zur Frequenz der Bewährungshilfe, für den Fall einer Entlassung aus der U-Haft, und zu einer Schadenswiedergutmachung enthalten.

Entlassungskonferenzen können vor einer Haftentlassung als Integrations- und Unterstützungsmaßnahme eingesetzt werden. Ziel ist es, Bedingungen für die Zeit nach der Haft zu schaffen, die das Risiko einer neuerlichen Straffälligkeit verringern. Auch hier dient ein Maßnahmenplan dem Gericht als Entscheidungsgrundlage. Drei Monate nach Haftentlassung wird in einer Folgekonferenz überprüft, ob die Maßnahmen wirken oder ob es einer Adaptierung bedarf

Fallbeispiel


Dem 19-jährigen Filip wurde vorgeworfen, ein Smartphone geraubt zu haben. NEUSTART wurde mit der Durchführung einer Untersuchungshaftkonferenz beauftragt.

Filip wuchs mit zwei Brüdern bei den Eltern auf, die beide berufstätig sind. Seine Brüder sind unauffällig. Filip ist oft unterwegs, trinkt viel und hat die Schule abgebrochen. Aufgrund seiner gewinnenden Art findet er immer wieder Jobs. Er hat begonnen, eine Abendschule zu besuchen. In Haft kann Filip bereits eine Jobzusage für den Fall einer Entlassung vorweisen.

An Filips Sozialnetzkonferenz nahmen seine Eltern, sein bester Freund Stefan, der zukünftige Arbeitgeber und der Bewährungshelfer teil. Folgender Plan wurde entwickelt:

Wohnen: Filip wird nach seiner Entlassung bei seinen Eltern wohnen. Das Zusammenleben hat aus Sicht der Familie gut funktioniert.

Arbeit/Schule: Nach der U-Haft kann er als Hilfsarbeiter beginnen. Filip besucht die Abendschule und sein Freund wird ihn beim Lernen unterstützen.

Tagesstruktur: Filip wird wochentags um 6 Uhr aufstehen, um 7 Uhr beginnt die Arbeit. Nach der Arbeit besucht er die Schule. Jeden Dienstag und Donnerstag um 16 Uhr trifft er seinen Bewährungshelfer.

Freizeit: Während der Woche bleibt wenig Freizeit. Am Wochenende möchte Filip mit seinem Bruder trainieren und seinen Freund treffen. Den Alkoholkonsum möchte er einschränken. Sollte ihn etwas beschäftigen, kann er mit Stefan jederzeit reden.

Der Bewährungshelfer übermittelt nach der Konferenz den Bericht inklusive Plan an das Gericht. Filip wird nach der ersten Haftverhandlung aus der Untersuchungshaft entlassen.

Über die/den Autor:in

In der Leitung Sozialarbeit zuständig für Bewährungshilfe, Haftentlassenenhilfe und Sozialnetzkonferenz.
Er vertritt NEUSTART auch im Vorstand des Dachverbands vernetzte Opferschutz- und opferschutzorientierte Täterarbeit (DV-OTA).

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