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Blog und Diskussion
Sind Flüchtlinge krimineller als Einheimische?
Dr. Kristin Henning - 24.1.2018 07:34
Die nähere Betrachtung zeigt, dass die Alters- und Geschlechtszusammensetzung der Flüchtlinge darauf Einfluss haben. Wie die Autoren schreiben, sind überall auf der Welt männliche Jugendliche und Erwachsene im Alter zwischen 14 und 30 Jahren (also gerade jene Bevölkerungsgruppe, die die größte Gruppe an Flüchtlingen darstellt) in der Kriminalstatistik überrepräsentiert. Auch die Tatsache, dass die Flüchtlinge mehrheitlich aus Ländern stammen, die von männlicher Dominanz geprägt sind und in ihrem sozialen Umfeld in Deutschland Partnerinnen, Mütter und Schwestern fehlen, wirkt sich auf die Gewaltbereitschaft aus. Aus anderen Studien ist bekannt, dass der kulturelle Lernprozess, der gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen zurückdrängt, sehr lange braucht. In unserer westlichen Kultur dauerte es Jahrzehnte beziehungsweise Generationen, bis sich die gewaltfreie Erziehung durchgesetzt hatte.
Ein weiterer relevanter Faktor ist die Aufenthaltsperspektive. Flüchtlinge, die eine realistische Perspektive auf Asyl und Aufenthalt haben, sind bemüht, diesen nicht durch Straftaten zu gefährden. Jene Flüchtlinge, die keine oder eine schlechte Bleibeperspektive haben (zum Beispiel Personen aus Marokko, Tunesien oder Algerien) werden häufiger straffällig. Das bedeutet, dass ein relativ kleiner Anteil an Flüchtlingen (in der Studie 0,9 Prozent) für 17 Prozent der aufgeklärten Taten verantwortlich war. Außerdem ermittelt die Studie, dass ausländische Täter bei Gewaltdelikten doppelt so häufig angezeigt werden wie Inländer. Das könnte darin begründet sein, dass Opfer von Gewalttaten diese Situationen bei „fremden" Tätern als besonders bedrohlich erleben und daher häufiger die Unterstützung der Polizei suchen.
Bemerkenswert ist, dass bei circa einem Drittel der Straftaten andere Flüchtlinge die Opfer waren. Ein weiteres Drittel betraf andere Ausländer und nur ein Drittel der Opfer waren Deutsche. Auch hinsichtlich der Deliktarten gab es große Unterschiede: Während sich drei Viertel der gefährlichen / schweren Körperverletzungen gegen andere Flüchtlinge und Ausländer richteten, waren bei Raubdelikten 70 Prozent der Opfer Deutsche. Während sich viele der Gewaltdelikte in den beengten Flüchtlingsunterkünften abspielen, gingen die Täter bei den Raubdelikten wohl davon aus, dass bei deutschen Opfern mehr Geld zu erbeuten ist.
Die Ursachen für Kriminalität bei Flüchtlingen unterscheiden sich also nicht wesentlich von den Ursachen für Kriminalität bei Einheimischen. Wir erleben, dass fehlende Perspektiven, fehlende Struktur im Alltag und fehlende soziale Bindungen im Alltag Risikofaktoren sind. Es sind also die Umstände, die maßgeblichen Einfluss haben beziehungsweise Risikofaktoren darstellen. Durch Perspektiven – und dazu zählen neben einer raschen Klärung des Aufenthalts auch sprachliche und schulische / berufliche Qualifizierung – erhöhen wir die Sicherheit. Auch die Art der Unterbringung von Flüchtlingen in kleineren Einrichtungen, in denen auf die ethnische Zusammensetzung geachtet wird, beeinflusst das Risiko ethnisch bedingter Konflikte untereinander und daraus resultierender Straftaten.
Dr. Kristin Henning ist Leiterin von NEUSTART Tirol
Webtipp: Studie von Christian Pfeiffer, Dirk Baier und Sören Kliem
Zu diesem Beitrag gibt es |4 Kommentare|
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Kommentare zu diesem Beitrag:
KevinCoold schrieb am 17.08.2020 01:47
Martin Reifinger schrieb am 05.04.2018 13:02
Die Ausführungen erinnern aber an die von Politikern, die an der konkreten Frage vorbeiantworten.
Ich würde es schätzen, wenn man diese Frage einfach mit "ja" oder "nein" und ev. entsprechenden Prozentangaben beantwortet (manchmal braucht es auch Mut, eine unerfreuliche Wahrheit zu sagen) und dann Begründungen und/oder Rechtfertigungen dafür vorbringt.
Die Darstellung lässt vermuten, dass Ausländer in der Kriminalstatistik überrepräsentiert sind, man will es aber nicht sagen, weil politisch inkorrekt.
So gesehen wäre es besser, den Titel der Studie passend zu ändern, damit obiger Eindruck vermieden wird.
Dr. Kristin Henning schrieb am 29.01.2018 08:20
Wie Sie bin ich überzeugt, dass Unterstützung bei der Integration ein entscheidender Schritt für eine gemeinsame Zukunft ist. Liebe Grüße, Kristin Henning
bebe schrieb am 25.01.2018 22:19