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Blog und Diskussion
Intensivbetreuung statt Jugendgefängnis
Alfred Gschwendner - 8.5.2014 07:44
Jugendliche mit Mehrfachproblematiken erlebten häufig brüchige Herkunftsfamilien: Alkohol, Gewalt verbunden mit starken Ohnmachtgefühlen, Vernachlässigung und Beziehungsverlust sind erlebte Primärerfahrungen und die Rahmenbedingungen für die Bildung ihrer Identität. Jugendliche, die in ihrer Kindheit massive Gewalt erlebt haben, verstricken sich häufig in Konflikt- und Gewalthandlungen, da sie diese zentralen Kindheitskonflikte in den öffentlichen Raum tragen und dort immer wieder reinszenieren. Sie werden nicht als Erinnerung produziert, sondern als Tat – häufig als Gewalttat. Die Jugendlichen machen entweder sich selbst oder andere zum Opfer; daher die hohe Rückfallsgefährdung bei dieser Gruppe von Jugendlichen. Das Aufsuchen traumatischer Erlebnisse aus der Kindheit ist ein Lösungsversuch, um diese Erlebnisse zu bewältigen und zu kontrollieren.
Es gibt auch sozialarbeiterisch keine einfachen und schnellen Lösungen, um diese Dynamik zu unterbrechen, da sowohl entwicklungs- als auch sozialpsychologische Faktoren eine Rolle spielen. Zu einer gesellschaftlichen Integration kommt es nur über den Konflikt und das offene Austragen von Konflikten. Fordernde und fördernde Maßnahmen, Orientierung geben, Grenzen setzen und sinnvolle Aufgaben schaffen, sind der Zugang unserer Sozialarbeit bei NEUSTART.
Jugendgefängnisse schaffen dagegen in einem abgeschlossenen System Situationen, in denen Jugendliche zu ihren Grundkonflikten zurückgeführt werden und so neuerlich eine Bühne für die Inszenierung von Gewalt und Erniedrigung vorfinden. Das bildet wiederum die Basis für Aggression und Gewalt nach der Entlassung. Der Bau eines Jugendgefängnisses in Wien verbraucht vermutlich einen Großteil der zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen und verhindert den Ausbau einer flächendeckenden Intensivbetreuung in Österreich. Wir brauchen aber starke ambulante Betreuungseinrichtungen, die sich in ganz Österreich intensiv um diese Jugendlichen kümmern. Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Methodenentwicklung sind notwendig.
Zukunft braucht Herkunft! Diese Herkunft kann und muss mit den Jugendlichen gemeinsam bearbeitet und neu gestaltet werden. Paulus Hochgatterer schreibt in einem Artikel im Buch „Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe“: „Es besteht ein Grundbedürfnis des Menschen nach Identität, das heißt, nach dem Gefühl mit sich selbst eins zu sein und über die Zeit auch zu bleiben. Die Begriffe dazu, dieses Grundbedürfnis zu beschreiben, sind Kontinuität, Konstanz, Konfliktfähigkeit.“ Geben wir Jugendlichen die Chance, Beziehungen eingehen zu können, indem sie dieses Grundbedürfnis verwirklichen können.
Alfred Gschwendner ist Leiter von NEUSTART Kärnten
Zu diesem Beitrag gibt es |3 Kommentare|
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Kommentare zu diesem Beitrag:
Michael Klingseis schrieb am 08.05.2014 14:43
Cornelia Baur schrieb am 08.05.2014 10:48
Manfred Tauchner schrieb am 08.05.2014 09:21